Sex im Speziellen und erotische Inhalte im Allgemeinen sind in unserer heutigen Welt fast allgegenwärtig. Sei es nun im Fernsehen, in der Werbung oder in Zeitschriften. Es hat den Anschein, dass die Gesellschaft eine liberale Meinung zum Thema Sexualität entwickelt hat – zumindest in der Öffentlichkeit. Im privaten Bereich wird das Thema immer noch stiefmütterlich behandelt. Dies merkt man nicht nur an der fehlenden Kommunikation der Partner über Vorlieben und Wünsche, sondern auch am Vokabular, mit dem wir über Sex reden.
Drei Arten über Sex zu reden
Natürlich gibt es keine exakt abtrennbaren Arten über das Thema Sexualität zu sprechen. Unsere Wortwahl ist stark von der Situation, unserem eigenen Geschlecht, dem Alter, dem Bildungsgrad und dem Gesprächspartner abhängig. Dennoch sollen im Folgenden drei verschiedene Typen vorgestellt werden, die beispielhaft dafür sind, wie wir das Thema Sex verbalisieren.
Die „Mediziner“
Ihre Wortwahl orientiert sich am korrekten Vokabular, gemäß den einschlägigen Wörterbüchern. Der Intimbereich beider Geschlechter wird mit Penis, Hoden(-sack), Vagina und Vulva bezeichnet. Gerne verwenden „Mediziner“ auch lateinische Begriffe, soweit diese ihrem Kenntnisstand entsprechen. Andernfalls sind auch lateinisch-deutsche Mischformen, wie Oral- und Analverkehr oder auch Genitalbereich möglich. Lehrbuchreif lässt sich so das Thema Sex prima erklären, jedoch ist eine subjektive Beschreibung der schönsten Sache der Welt kaum möglich.
Vorteil: weitestgehend gesellschaftsfähig und direkt
Nachteil: wenig erotisches Potential
Die „Märchenerzähler“
Sie reden im großen Stil um den heißen Brei. Das Beispiel mit den Bienen und den Blumen ist sicherlich ein Denkmal dieser Gattung. Wenn sich zwei lieb haben und der „Lulu“ in die „Mumu“ gesteckt wird, kommt jedoch nicht nur wenig erotische Spannung auf. Selbst Kinder und Jugendliche stehen ratlos da und wissen nicht, worum es eigentlich geht.
Metaphern und Umschreibungen zu benutzen hat zudem den Nachteil, dass der „Code“ irgendwann allgemeingültig und somit überflüssig wird. Im ausgehenden Mittelalter war beispielsweise das Wort „Maus“ so geläufig für die weibliche Vulva, dass es sich nicht ziemte, das Wort weiterhin in den Mund zu nehmen. In den Häusern gab es fortan keine Mäuse mehr, sondern nur noch Ratten.
Vorteil: überall anwendbar, Spiel mit der Doppeldeutigkeit
Nachteil: mitunter irreführend, wirkt verklemmt
Die „Pornosternchen“
Diese Gruppe Menschen benutzt eine äußerst vulgäre Sprache, um über Sex zu reden, die eigentlich nur im privaten Bereich Anwendung finden kann, da sie vielen Menschen zu extrem ist. Deshalb möchten wir an dieser Stelle auf konkrete Beispiele verzichten. Gängig ist dieser, zum Teil überzogene Sprachtyp vor allem in der Pornoindustrie, von wo aus er auch Einzug in einige Haushalte gefunden hat.
Dass eine derart direkte und anstößige Sprache jedoch nicht nur provozierend, sondern auch stimulierend sein kann, zeigt die sexuelle Praktik des „Dirty Talks“, die den Gebrauch erotisierender und sehr anschaulicher Wörter während des Geschlechtsverkehrs bezeichnet.
Vorteil: kann stimulierende Wirkung haben
Nachteil: nicht gesellschaftsfähig
Das Problem über Sex zu reden
Sicherlich haben Sie schon gemerkt, dass alle drei Beispiele mitunter etwas überzogen sind. Dennoch mögen Sie sich in einem oder auch mehreren Beispielen erkannt haben. Es kann nämlich, ganz nach Situation, unterschiedlich sein, ob der Mediziner, der Märchenerzähler oder das Pornosternchen aus uns spricht. Grund hierfür ist nicht nur das Fehlen einer Standardsprache im Bereich Sexualität, wie es der Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Rudolf Hoberg bezeichnet, sondern auch das extrem unterschiedliche Schamgefühl der Menschen. Was für den einen ein selbstverständlicher Begriff ist, kann dem anderen die Schamesröte in Gesicht treiben.
Unser Tipp ist, zumindest mit Ihrem Partner offen über Sex zu reden und sich dabei an seiner „Schamgrenze“ zu orientieren. Das kann nicht nur für ein erfüllteres Liebesleben sorgen, sondern stellt auch sicher, dass sich keiner beim Thema Sex bedrängt oder unwohl fühlt.
Gordon Meyer, eDarling Redaktion 2011
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