Obwohl die Geburt des ersten Kindes mit Sehnsucht erwartet wird, wirkt sich der Familienzuwachs oft belastend auf die Beziehung der Eltern aus. Erfahren Sie hier, was sich verändert, wenn aus „Mann und Frau“ „Vater und Mutter“ werden, und was Paaren hilft, den neuen Lebensabschnitt gemeinsam zu bewältigen.
Angehende Eltern können es oft kaum erwarten, endlich das Produkt ihrer Liebe in den Armen zu halten. In bunten Farben malen sie sich aus, wie das Band ihrer Zuneigung noch fester wird, wenn aus ihnen als Paar eine Familie wird. Rückblickend stellen Mütter und Väter jedoch häufig fest, dass zwischen Vorstellung und Realität eine große Lücke klafft.
Dass Kinder – entgegen der Erwartung vieler werdender Eltern – kein festigender Faktor für die Partnerschaft sind, lässt sich auch statistisch belegen. So ließen sich laut statistischem Bundesamt 2008 etwa genauso viele Paare mit minderjährigen Kindern wie kinderlose Paare scheiden.
Gerade die ersten Monate als Eltern werden als sehr belastend für die Partnerschaft empfunden, denn den wenigsten fällt es leicht, die Rolle des Vaters bzw. der Mutter anzunehmen, ohne dabei die Rolle des liebenden Partners zu vernachlässigen. Aus diesem Grund gehen die ersten Lebensmonate des Kindes oft mit einem Gefühl der schwindenden Nähe zwischen den Eltern einher. Intimität, Zärtlichkeit und das gegenseitige Verständnis von Mann und Frau nehmen ab, während die Versorgung des Kindes in den Vordergrund tritt.
Wir fassen für Sie die wichtigsten Veränderungen für die Partnerschaft zusammen, wenn aus einem kinderlosen Paar eine Familie wird:
Die Rollenverteilung verändert sich
Die LBS-Familien-Studie „Übergang zur Elternschaft“ verfolgte über mehrere Jahre die Entwicklung von 175 jungen Familien. Wie die Langzeitbeobachtung zeigte, bevorzugen kinderlose Paare eher eine gleichberechtigte Partnerschaft mit gerechter Aufteilung von Rechten und Pflichten. Nach der Geburt des ersten Kindes kommt es jedoch oft zu einer drastischen Neuverteilung der Rollen.
Während vor der Geburt fast 80 Prozent der Frauen einen Beruf ausübten, war drei Jahre nach der Geburt etwa jede zweite Frau erwerbslos. Arbeitende Mütter waren im Schnitt deutlich weniger Stunden in der Woche tätig als vor der Geburt, während die Arbeitszeit der Väter im Vergleich noch gestiegen war. Während Mütter im Gegensatz zu kinderlosen Frauen also eher die Rolle der Hausfrau annehmen, tendieren Väter im Vergleich zu kinderlosen Männern verstärkt zur klassischen Rolle des Brötchenverdieners.
Mit der Entwicklung hin zu einer traditionellen Rollenverteilung geht laut LBS-Familien-Studie auch eine deutliche Umverteilung der Hausarbeit einher. Während Aufgaben wie Kochen, Aufräumen und Einkaufen vor der Geburt gerecht geteilt wurden, fielen sie nach der Geburt deutlich in den Verantwortungsbereich der Frau. Und auch wenn viele Männer im Vorfeld den Wunsch äußerten, sich eingehend um das Kind zu kümmern, waren nach der Geburt vorrangig die Mütter für Betreuung und Versorgung des Kindes zuständig.
Die veränderte Rollenteilung birgt ein großes Konfliktpotential für die Partnerschaft, da viele Frauen das Gefühl haben, in die Rolle der Hausfrau hineingedrängt zu werden, ohne dass dies im Vorfeld verabredet wurde. Die Folgen sind oft ein Gefühl der Unzufriedenheit und der Eindruck, vom Partner ungerecht behandelt zu werden.
Die Bedürfnisse der Partner verändern sich
Die veränderte Rollenverteilung bringt auch eine Verschiebung der Bedürfnisse mit sich. Frauen, die nach der Geburt auf den Arbeitsalltag verzichten, leiden oft unter fehlender beruflicher Anerkennung und eingeschränkten sozialen Kontakten. Das Bedürfnis nach Bestätigung nimmt zu und der Partner wird zunehmend zum Fenster zur Welt. Dementsprechend erwartungsvoll wird der abendlichen Heimkehr des Mannes entgegengesehen. Er soll sich nicht nur seinen Vaterpflichten widmen, sondern auch viel Zeit und Aufmerksamkeit für seine Partnerin aufbringen.
Frischgebackene Väter hingegen leiden oft unter dem Druck, plötzlich der Versorger einer ganzen Familie zu sein. Die Angst vor dem Verlust des Jobs nimmt zu und viele Männer versuchen, den steigenden Druck mit mehr Arbeit zu kompensieren.
Wenn sie nun nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause kommen und am liebsten nur noch die Füße hochlegen wollen, fällt es ihnen schwer, angemessen auf das Bedürfnis der Partnerin nach Interaktion einzugehen. Diese wiederum verletzt es, dass der Partner nach einem langen Tag getrennt voneinander dem gemeinsamen Abend nicht ebenso erwartungsvoll entgegensieht.
Werden die veränderten Bedürfnisse von Mann und Frau nicht thematisiert, so können sie die Beziehung belasten. Beide Partner brauchen in der neuen Lebenssituation besonders viel Verständnis und emotionalen Rückhalt. Statt die eigenen Wünsche jedoch offen zu besprechen, erwarten viele, dass der Partner die veränderten Bedürfnisse von selbst erkennt und auf sie eingeht. Geschieht das nicht, wird dies oft als nachlassende Liebe interpretiert.
Die Partnerschaft tritt hinter der Versorgung des Kindes zurück
In den ersten Monaten nach der Geburt genießt die Versorgung des Kindes fast ungeteilte Aufmerksamkeit. Die Beziehung der Eltern rückt derweil in den Hintergrund. Viele Eltern unterliegen dem Trugschluss, die vorrübergehende Vernachlässigung der Partnerschaft käme dem Neugeborenen zugute, da es all die Aufmerksamkeit erhält, die sonst dem Partner zukäme. Tatsächlich aber tragen Eltern eher zum Wohl des Kindes bei, wenn sie sich die Zeit nehmen, zärtlich und aufmerksam miteinander umzugehen, da auch das Kind darunter leidet, wenn die Eltern sich zunehmend voneinander distanzieren. Zu einem liebevollen Elternhaus gehört nämlich nicht nur, dass das Kind einfühlsam umsorgt wird, sondern auch, dass die Liebe der Eltern nicht zu kurz kommt.
Natürlich haben frischgebackene Eltern nicht die Möglichkeit, zwei Wochen ohne Kind und Kegel in den Urlaub zu fahren und in aller Ruhe ihre Beziehung aufzufrischen. Dies ist jedoch auch gar nicht nötig. Oft reichen schon einige zärtliche Gesten, um die Liebe wieder zu beleben. So können ein Strauß Rosen als kleine Aufmerksamkeit oder ein leidenschaftlicher Kuss zur Begrüßung Wunder wirken.
Damit die Beziehung der Eltern die ersten anstrengenden Monate nach der Geburt unbeschadet übersteht, braucht sie besondere Pflege. Nehmen Sie sich die Zeit für Unternehmungen ohne Kind und schaffen Sie sich so einen Rahmen, in dem Ihre Beziehung als Paar und nicht Ihre Rolle als Eltern im Mittelpunkt steht.
Unser Tipp: Haben Sie kein schlechtes Gewissen, wenn Sie ein paar Stunden ganz für sich und Ihren Partner beanspruchen. Indem Sie Ihr Kind an den Umgang mit anderen Menschen gewöhnen, stärken Sie früh seine soziale Kompetenz und schaffen so gute Voraussetzungen dafür, dass Ihr Kind später offen auf andere zugeht. Erlauben Sie also ruhig auch mal den stolzen Großeltern, einen ungestörten Nachmittag mit dem neuen Familienmitglied zu verbringen.