Eine erfüllte Partnerschaft – das ist das, was sich die meisten Menschen wünschen. Neidisch blicken Singles auf die Paare im Freundeskreis und sehnen sich danach, auch endlich jemanden zu finden, der zusammen mit ihnen durch das Leben geht. Doch wenn Sie etwas genauer hinsehen, können Sie schnell feststellen, dass eine Beziehung nicht automatisch Glück bedeutet und dass Menschen mit einem festen Partner nicht nur auf Wolke Sieben durch den Tag schweben. Es gibt auch Menschen, die sich schlicht unglücklich fühlen in ihrer Partnerschaft.
Auch wenn es selbstverständlich erscheint, dass glückliche Paare ihre Beziehung aufrecht erhalten wollen und Menschen, die unglücklich in der Beziehung sind, dazu tendieren, diese zu beenden, beobachten wir oftmals in unserem Umfeld genau das Gegenteil.
Vielleicht haben Sie es ja im Freundeskreis schon selbst erlebt: Eine Freundin von Ihnen ist unzufrieden mit dem Partner, ihre Erzählungen schildern nicht mehr nur nur kleine alltägliche Beziehungsprobleme, sondern sie wirkt immer unglücklicher und frustrierter.
Dennoch kommt das Thema Trennung nicht in Frage. Darauf angesprochen antwortet sie vielleicht sogar: „Trennung? Ich liebe ihn doch.“ Die psychologische Forschung bestätigt dieses Phänomen. Stabile Beziehungen müssen nicht notwendigerweise glücklich sein und umgekehrt. Doch wie kommt es dazu? Warum bleiben Menschen in einer Beziehung, die sie nicht glücklich macht?
Trennung oder doch nur eine schlechte Phase?
Streit kommt in jeder Beziehung vor. Auch Phasen, in denen es mal nicht ganz rund läuft, gehören zu einer Partnerschaft dazu. Bei manchen Paaren ist jedoch viel mehr verkehrt: das Vertrauen ist verloren, der Respekt vor dem Partner vielleicht auch. Sie fühlen sich unverstanden oder schlecht behandelt. Kurz gesagt, sie sind in ihrer Beziehung unglücklich.
Trotzdem schaffen sie es nicht, den Partner aufzugeben, den Schritt zur endgültigen Trennung zu wagen. Was sind die Gründe dafür? Auf den ersten Blick sind viele Erklärungen denkbar: Ist es einfach der fehlende Mut und die Angst vor einer ungewissen Zukunft? Oder lassen Bequemlichkeit und Trägheit Menschen in einer unglücklichen Beziehung verweilen.
Wie viel haben Sie in Ihre Beziehung investiert?
Psychologisch erklärt werden kann dies durch das sogenannte Investitionsmodell, das von der Sozialpsychologin Caryl Rusbult entwickelt wurde. Es stellt dar, was Menschen dazu motiviert eine Partnerschaft aufrecht zu erhalten. Wenn wir eine Beziehung eingehen, legen wir uns auf einen bestimmten Partner fest und binden uns an diesen. Diese Festlegung basiert auf drei verschiedenen Faktoren.
Zum Einen ist die Zufriedenheit von Bedeutung, das bedeutet also die positiven Gefühle, die Sie Ihrem Partner und der gemeinsamen Beziehung gegenüber haben. Zum Zweiten spielen die sogenannten Alternativen eine wichtige Rolle. Das heißt, welche Alternativen stehen mir zu meiner aktuellen Beziehung zur Verfügung.
Das können nicht nur andere potentielle Partner sein, sondern auch das Alleine leben oder vielleicht ein Job oder ein Hobby, das sehr viel Zeit einnimmt. Auch ein großer stabiler Freundeskreis und ein aktives Sozialleben können eine solche Alternative sein. Den dritten wichtigen Faktor stellen die Investitionen dar.
Hier müssen Sie sich die Frage stellen, wie viel Sie bereits in die Beziehung gesteckt haben, welche Opfer Sie schon gebracht und was Sie sich schon alles gemeinsam aufgebaut haben. Dieses Modell kann sehr gut die „stabilen unglücklichen“ Partnerschaften erklären. Selbst wenn die Zufriedenheit mit der Partnerschaft gering ist können mentale Barrieren eine Trennung verhindern.
Das Gefühl, durch eine Trennung sehr viel zu verlieren (Freunde, gemeinsame Aktivitäten und Anschaffungen, etc.) oder auch das Fehlen eines als attraktiv wahrgenommenen alternativen Lebensentwurfs, wie etwa das Single-Leben oder anderer Partner, können dazu führen, dass selbst eine unglückliche Partnerschaft aufrechterhalten wird. Gerade bei sehr langen Beziehungen führt eine Reflektion darüber, was schon alles in die Beziehung investiert wurde (vor allem emotional) dazu, dass die Partner eher bereit sind, schlechte Zeiten zu überstehen, anstatt gleich an Trennung zu denken.
Eine unglückliche Beziehung hinter sich lassen
Sicher, eine Trennung bedeutet immer auch sehr Vieles aufgeben zu müssen. Und auch wenn die Angst vor einer ungewissen Zukunft verständlicherweise sehr groß ist, sollten Sie unbedingt bedenken, was eine langfristig unglückliche Beziehung für Konsequenzen haben kann. Denn dieser frustrierende Zustand wirkt sich nicht nur auf Ihr mentales Wohlbefinden aus, sondern kann auch Ihren allgemeinen Gesundheitszustand beeinträchtigen.
Eine Studie der Soziologen Alan Booth und Daniel Hawkins aus Penn State hat ergeben, dass die negativen Aspekte einer unglücklichen und frustrierenden Partnerschaft die Vorteile, die im Allgemeinen mit einer Beziehung einhergehen, aufwiegen¹. Das bedeutet, auf lange Sicht gesehen, kann Sie eine Trennung oder Scheidung sehr viel glücklicher machen, auch wenn diese erst mal einen schlimme und schmerzhafte Erfahrung ist.
Die Psychologin und Beziehungsexpertin Wiebke Neberich plädiert dafür, dass aus Angst vor einer unbekannten Zukunft keine unglückliche Partnerschaft aufrecht erhalten werden sollte. Das ist natürlich leichter gesagt als getan, aber Alternativen können gestaltet werden. Wiebke Neberich rät: „Jeder muss für sich abwägen, wie lange er oder sie bereit ist, in einer unglücklichen Beziehung zu leben. Wenn der Leidensdruck zu hoch wird, steigt somit automatisch auch die Attraktivität der Alternative, als Single zu leben.“
Cathrin Opitz, eDarling Redaktion 2011
Sie haben Rückfragen? Dann schreiben Sie an [email protected]
Quellen:
– 1 Hawkins, Daniel N./ Booth, Alan (2005): Unhappily Ever After: Effects of Long-Term, Low-Quality Marriages on Well-Being, in: Social Forces – Volume 84, Number 1, September 2005, pp. 451-471