Kleine Gesten oder großer Liebesbeweis – so bringen Sie mehr Romantik in Ihre Beziehung!
Liebe macht blind: Eine Alltagsweisheit, die wir schon in so manchem Fall bestätigt gesehen haben. Doch wie sehr vernebelt die rosarote Brille unseren Blick tatsächlich? Welcher Sinn besteht eigentlich in diesem Mechanismus? Und wann sehen wir wieder klar?
Schmetterlinge im Bauch und rosarote Brille
Verliebtsein: eines der schönsten Gefühle, zu dem wir fähig sind. Alles ist schön, jeder Mensch ist nett und zuvorkommend und unser Partner könnte gar nicht perfekter sein. Auf Ihrer watteweichen Wolke, die Sie gerade über die Dinge trägt, fühlen Sie sich, als wäre es Ihnen nie im Leben besser gegangen. Ihr Partner ist der, auf den Sie immer gewartet haben.
Schöne neue Welt
Willkommen unter der Glasglocke der Liebe: Ihr neuer Partner ist einfach das Beste, was Ihnen je passieren konnte.
Natürlich, Ihr neuer Freund hat vielleicht ein paar Kilo zu viel auf den Hüften – aber Sie wollen schließlich auch kein Unterwäschemodel. Und Ihre Partnerin hat auch nicht gerade die kleine Stupsnase, die Sie sonst so bei anderen Frauen so attraktiv finden – wenn das nicht Charakter hat!
Verliebt und blind?
Eine Studie, die an der Universität Groningen1 in den Niederlanden durchgeführt wurde, brachte nun einmal mehr die Erkenntnis: Es ist Tatsache, dass wir unseren Partner attraktiver einschätzen, als ein objektiver Blick es bewerten würde.
Rosarote Brille: Es kommt nicht nur auf das Äußere an!
Aber nicht nur das Aussehen wird in der ersten Phase der Beziehung positiver beurteilt. Schon früher fanden die Forscher Sandra Murray und John G. Holmes2 heraus, dass vor allem der Charakter des Partners eine durchweg gute Bewertung erhält. Den schlechten Eigenschaften des Liebsten schenken wir keine Beachtung oder kehren Sie ins Gute.
Nicht nur ein hübscheres Aussehen wird ihm also zuteil. Unser Partner erscheint uns demnach auch klüger, witziger und großzügiger, als er eigentlich ist. Wieso aber ist das so?
Verklärte Liebe?
Laut den Wissenschaftlern haben diese sogenannten „positiven Illusionen“ das Ziel, Sicherheit zu geben, dass unser Partner der Richtige für uns ist.
Am Anfang einer Beziehung überwiegt die Verliebtheit und wir sind wie berauscht von Glücksgefühlen. Wenn wir schon länger eine Partnerschaft führen, wird aus Verliebtheit Liebe, wir vertrauen unserem Partner und sind zufrieden mit der Beziehung.
Zwei Ursachen für die positive Einschätzung des Partners, die aber den gleichen Effekt erzielen: Unser Partner erscheint uns als „perfekt“ und unsere Ressourcen sind „gut investiert“.
Was uns der Blick durch die rosarote Brille nützt
Murray kam auch zu dem Schluss, dass zwischen positiven Illusionen und Beziehungszufriedenheit ein wichtiger Zusammenhang besteht. Je positiver wir unseren Auserwählten wahrnehmen, umso glücklicher seien wir in der Beziehung.
Die rosarote Brille hat also den Sinn, Zweifel an der Beziehung zu verbannen, Stabilität zu gewährleisten und die Zufriedenheit zu verstärken.
Wenn die Sicht wieder klarer wird
In der Studie von Barelds und Kollegen an der Universität Groningen wurden ausschließlich junge Paare in den Zwanzigern untersucht. Dass die rosarote Brille unseren Blick verschleiert, manifestierte sich in dieser Gruppe von Versuchsteilnehmern auch noch nach zweieinhalb Jahren Beziehung in positiven Illusionen. Das Phänomen „rosarote Brille“ überdauert also die erste Verliebtheit und macht den Partner sogar darüber hinaus zu dem liebenswerten, attraktiven Geschöpf unseres Eigensinns.
Doch es bleibt die Frage: Was ist danach? Was, wenn die Paare länger zusammen sind? Was, wenn wir unsere jugendliche Attraktivität langsam verlieren? Wann verliert die rosarote Brille Ihre Tönung des Glücks und zeigt uns die Realität?
Und wie geht es weiter?
Dass wir die rosarote Brille ewig tragen, ist unwahrscheinlich. Nach einer gewissen Zeit kommt in einer Partnerschaft der Moment, in dem wir unseren Auserwählten mit anderen Augen sehen. Klar, realistisch, deutlich. Und was wir sehen ist nicht perfekt:
Wenn Sie die Fehler Ihres Partners realisieren und erkennen, dass diese Makel ihn genau zu dem Menschen machen, der Ihnen so am Herzen liegt, dann brauchen Sie Ihre rosarote Brille und ihren bunten Nebel nicht mehr – Dr. Wiebke Neberich.
Quellen:
– 1Barelds, D.P.H. und Kollegen (2011). An assessment of positive illusions of the physical attractiveness of romantic partners. Journal of Social and Personal Relationships. 28 (5). 706 – 719.
– 2Murray, S. & Holmes, J.G. (1997). A leap of faith? Positive illusions in romantic relationships. Personality and Social Psychology, 23, 586 – 604.